Der Frosch mit der Brille hat mich aufgefordert, für einige Zeit seinen Platz einzunehmen, da, wie er sagte, der Frosch zu schweigen hat, wenn der Mensch gefragt ist. Ich werde seinem Ansinnen, so gut es geht, Folge leisten. Mit kurzen Beiträgen, die – solange ich das schaffe – dienstags, freitags und sonntags, um 17h erscheinen werden. Tom F. Lange, im April 2020
Tag 37: Frühling für Misanthropen
SCHEICHENBREIN: Was, Wopraschal, sagen Sie zur Corona-Krise?
WOPRASCHAL: I fürcht mi.
SCHEICHENBREIN: Verstehe, die Gefahr der Infektion, ein stattlicher, älterer Herr wie Sie, starker Raucher zudem …
WOPRASCHAL: Aber na! I wünschad ma ja, dass i infeziert warad, dann warad i in Quarantäne!
SCHEICHENBREIN: Was, Wopraschal? Das wünschen Sie sich? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.
WOPRASCHAL: Aber ja! Dann hätt i endlich mei Ruah!
SCHEICHENBREIN: Aber die Isolation, Wopraschal, der mangelnde Zuspruch, tät’ Ihnen das denn gar nichts ausmachen?
WOPRASCHAL: Na! I brauch kane Menschn, bin froh, wann i niemand sehn muass. (lacht) Und wann i an Zuspruch ham wüll, dann pflanz i die Krankenschwester!
SCHEICHENBREIN: Das ist aber nicht nett von Ihnen. Diese engagierten Helfer, die jetzt, in der Not …
WOPRASCHAL (unterbricht): Wia i im Spital war, letztes Jahr, hab i s’ immer »Fräulein« grufen! (deklamiert) »Fräulein!« hab i gsagt, »Ich bräuchte noch ein bisserl ein Wasser!« Des müssen S’ amal ausprobieren, wie denen des Gsicht einschlaft, wann ma s’ »Fräulein« nennt, des is a Hetz …
SCHEICHENBREIN (leicht verächtlich): Na, dann ist es eh besser, dass Sie daheim sind.
WOPRASCHAL: Ja, da kann i mi scho z’Mittag ansaufen und kana merkt ’s! Und die Nachbarn san alle schasfreundlich zu mir, weil ’s ja sein könnt, dass jetzt amal was brauchn, von mir. Aber die meiste Zeit seh i s’ eh net.
SCHEICHENBREIN: Sie gehen wohl selten aus dem Haus?
WOPRASCHAL: Hin und wieder, wenn mich die Umstände dazu zwingen … Aber des is seit ’m Virus a bessa wurn. Jetzt kräuln an die ganzen Ungustln net so auf ’n Leib wie früha. Ein Meter Mindestabstand! Und in da U-Bahn? Kein Vergleich, sag ich Ihnen! I brauch nur amal huastn und i hab des ganze Abteil für mi.
SCHEICHENBREIN: Ja, wie, Wopraschal, mir will scheinen, Ihnen ist diese Krise ganz recht.
WOPRASCHAL: Des kennen S’ laut sagn! Es gibt nix scheneres als a leere Straßn … Menschn, die auf d’ Seitn hupfn, wann ’s di sehn … die Gschroppn machen an Bogen um di …
SCHEICHENBREIN: Ich muss schon bitten, Wopraschal, lassen wir die Kinder aus dem Spiel. Sicher, es gibt distanzlose Menschen, da ist man froh, wenn die jetzt Abstand halten müssen. Aber gibt es denn gar nichts, was Sie aufgrund der Einschränkungen vermissen?
WOPRASCHAL: Doch! Sobald mei Tschecherl wieda aufsperrt, schlag i durt ein wia a Bombn!
SCHEICHENBREIN: Wirklich? Sie, Wopraschal? Aber da gerieten Sie doch erst recht in die Gesellschaft von Menschen.
WOPRASCHAL: Deswegen sauf i mi a scho vorher an!
SCHEICHENBREIN: Wopraschal, Sie sind mir ein Rätsel! Wovor fürchten Sie sich eigentlich? Sorgen Sie sich um Ihre Verwandten?
WOPRASCHAL: Machn Sie Witze? Die kennen mir gstohlen bleibn! Ich sage Ihnen, Ostern war ein Traum, dieses Jahr!
SCHEICHENBREIN: Ist es die Wirtschaftslage, die drohende Rezession?
WOPRASCHAL: Woher denn! I bin unkündbar!
SCHEICHENBREIN: Ja, aber was, Wopraschal, fürchten Sie dann?!
WOPRASCHAL: Dass bald vorbei is damit!
In memoriam Helmut Qualtinger und Gerhard Bronner.
© Tom F. Lange, 2020
Es war ein Vergnügen, diese Eintragung zu lesen. Qualtinger und dir sei dank, etwas
humorvolles in diese Zeit zu bringen, denn lachen darf man immer noch.
Danke BJ