Der Vertretet Thubans schlug auf seinem Pult ein gewaltiges Buch auf – die Stelle war besonders gekennzeichnet – und begann zu lesen: »Entsprechend der gültigen Systematik umfaßt der Typ Aberrantia (Abseitige) die in unserer Galaxis anomalen Formen. Der Typ unterteilt sich in Untertypen Debilitales (Blödiane) sowie Antisapientinales (Vernunftwidrige). Zu letzterem Untertyp gehören die Gruppen Canaliacaea (Scheußler) und Nekroludentia (Leichenspieler). Bei den Leichenspielern unterscheiden wir wiederum die Gattung Patricidiaceae (Vatermörder), Matriphagideae (Mutterfresser) und Lasciviaceae (Ekelgeiler oder kurz: Geiler). Die Ekelgeiler, bereits völlig degenerierte Formen, klassifizieren wir, indem wir sie in Cretininae (Stumpfmäuler, z. B. Cadaverium Mordans, Leichenbiß-Narrkopf) und Horrorisimae (Ungeheuer, mit dem klassischen Vertreter in Gestalt des Trübsinnhabachters, Idiontus  Erectus Gzeemi) teilen. Einige der Ungeheuer bilden eigene Pseudokulturen; hierher gehören solche Arten wie Anophilus Belligerens, der Hinterlieb-Schlachter, der sich selbst Genius Pulcherrimus Mundanus nennt, oder wie jenes eigenartige, am ganzen Leib kahle Exemplar, das von Grammpluss im dunkelsten Winkel unserer Galaxis beobachtet wurde – Monstroteratus Furiosus (Gräßel-Wüterich), der sich selbst Homo sapiens nennt.«

Stanislaw Lem. Sterntagebücher, 8. Reise. 1971.[1]

Ich hockte gerade auf einer prächtig blühenden Seerose, die Sonne wärmte mich mit ihren Strahlen; Insekten, vom Duft der Blüte angezogen, flogen mir beinahe von selbst ins Maul, da zerfetzte es mit einem Schlag den idyllischen Frieden, den ich bis dahin genossen hatte. Ein gellendes Kreischen erklang, am Himmel erschien ein Feuerball, der geradewegs auf mich zustürzte. Ich, wie alle anderen Lebewesen des Tümpels, nahm eilends Deckung – unter der Seerose – und hielt mir die Ohren zu. Noch steigerte sich das Kreischen in immer peinigendere Höhen, noch verfluchte ich mich für meine Dummheit, da rummste es auch schon gewaltig; ich wurde mitsamt Wasser, Seerose und ich weiß nicht, was allem, ans Ufer geschleudert. Als ich meine Sinne wieder zusammen hatte, lugte ich vorsichtig zur Einschlagsstelle. Dampf lag über dem Tümpel, den die Attacke wider Erwarten nicht vernichtet hatte. Wind kam auf, schemenhaft, dann immer klarer erkannte ich ein erstaunlich kleines Objekt, das auf der Wasseroberfläche vor sich hin schaukelte, wie unschuldig an dem Chaos,  das es angerichtet hatte. Da sah man die kläglich emporgereckten Hinterteile flatternder Reiher, die es mit den Schnäbeln tief in den Schlamm gedrückt hatte, dort hingen Wasserschlangen betäubt in den Bäumen, zeternde Rentner bejammerten ihre Vorgärten, Ordnungskräfte standen mit offenem Maul herum.
Neugierig schwamm ich an das metallisch glänzende Objekt heran. Für den Flug in einer Atmosphäre war das Ding offenbar nicht gebaut worden. Es hatte die  organisch-asymmetrische Form einer reifen Birne mit einem langen, gebogenen Stiel, war aber von unzähligen Stacheln übersät. Während es stieloben im Wasser trieb, schätze ich seine Größe. Wird wohl einen guten Hüpfer[2] lang sein und einen halben breit, an seiner dicksten Stelle, dachte ich noch, da kam Bewegung in das Ding. Eine Klappe öffnete sich und heraus sprangen – Frösche! Oder zumindest Wesen, die verblüffende Ähnlichkeit mit Fröschen hatten. Einer schwamm gleich direkt auf mich zu – unter Einsatz von vier Hinterbeinen, wie ich feststellte, und rief: »Kommen Sie ruhig näher, kommen Sie, unser Arschloch will mit Ihnen reden. Keine Angst, unsere Mission ist friedlich.« Ich dachte, ich hätte mich verhört und näherte mich diesem seltsamen Besucher, der mir freudestrahlend blitzende Zahnreihen präsentierte. »Hüpfe lang und in Frieden, Erdling, gestatte, dass ich mich vorstelle, Ftznschdl, vom Planeten Zarkon! Ich bin total empathisch!« Willenlos ließ ich mir von ihm die Pfote schütteln, die er wie einen Pumpschwengel bearbeitete, während ich krampfhaft versuchte, meine Wahrnehmungen zu verarbeiten. Während ich ihn noch mit offenem Maul anglotzte, waren bereits drei weitere Ranoide[3] ihrem Raumschiff entstiegen und zu einem alten Holzbalken, der im Wasser trieb, geschwommen. Ftznschdl winkte mir einladend zu, dann schwamm er zu seinen Gefährten. Ich schüttelte mich, um meine Verwirrung abzustreifen und folgte ihm sogleich. »Wie peinlich«, dachte ich, während mich meine Schwimmstöße beruhigten, »das ist tatsächlich der erste Kontakt mit einer außerirdischen Lebensform und du, als Vertreter der Erde, stehst da wie ein Klotz und schaust blöd!«
Kaum hatte ich den Balken erreicht, sprang ich energisch hinauf und rief mit fester, aber freundlicher Stimme: »Willkommen auf der Erde, Fremdlinge, ich bin der Frosch mit der Brille und möchte euch hiermit im Namen aller lebenden Wesen unseres schönen Planeten begrüßen. Seid unsere Gäste!« Weit davon entfernt, meine Freundlichkeit zu erwidern, senkten drei der vier Ranoiden ihre Köpfe sofort in ihre Notizbücher und begannen sie vollzukritzeln. »Begrüßung durch Zahnlosen, Stammesältester?«, hörte ich einen der Schreiberlinge murmeln, »Minder-Hinterbeinler, naturbelassen« einen anderen. Der vierte der Ranoiden kam mir mit ausgestreckter Pfote entgegen: »Wpplr, mein Name, ich bin auf meinem Heimatplaneten ein bekanntes Arschloch für Igiotie, und das ist auch der Grund unseres Besuches bei Ihnen. Gestatten Sie, dass ich Sie mit meinen Assistenten bekanntmache: Ftznschdl haben Sie bereits kennengelernt, unsere Forschungsreise ist das Thema seiner Doktorarbeit; Herr Vllkffr und Frau Bltzgnßr sind Studierende im vierten Semester, sie absolvieren mit uns ihr Praktikum.« Ohne aufzuschauen reichten die beiden mir ihre Pfoten, ich holte tief Luft. »Tut mir leid, Herr Wpplr, ich verstehe kein Wort, was, zum Teufel, ist Igiotie, und wieso bezeichnen Sie sich selbst als ›Arschloch‹?« Wpplr blinzelte kurz, dann zog er mich, mit einem Blick auf seine Assistenten, abseits an das andere Ende des Balkens. »Verzeihen Sie, ich habe versehentlich einen igiotischen Begriff verwendet; ›Arschloch‹ ist mein akademischer Titel, in ihre Sprache übersetzt bedeutet er in etwa Professor. Und damit sind wir auch schon bei Ihrer ersten Frage. Die Igiotie ist mein Fachbereich als Sprachwissenschaftler. IGIOT bezeichnet das Insult-befreite Galaktische Idiom Ohne Tabubrüche. Um Ihnen das zu erklären, müsste ich allerdings weiter ausholen.« Ich bat ihn, dies zu tun. »Zunächst, wir befinden uns schon seit längerem im Orbit der Erde, im Zuge von nicht-invasiven Forschungen. Aber ich denke, das versteht sich von selbst, dass man nicht so mir nichts, dir nichts auf einem Planeten mit besonderen Bedürfnissen landet. Dabei stießen wir das irdische Phänomen der ›political correctness‹, – ich nehme an, Sie sind damit vertraut?« Ich nickte zustimmend, obwohl ich noch schwer an »dem Planeten mit besonderen Bedürfnissen« kaute. Wpplr fuhr fort: »Nun, die ›political correctness‹ ist nichts weiter als eine archaische Vorstufe der Igiotie, auch sie bemüht sich ja darum, Begriffe zu vermeiden, die als anstößig oder beleidigend empfunden werden. Freilich ist sie von der echten Igiotie noch weit entfernt, denn diese betreibt ihre Bemühungen nicht nur auf intergalaktischer Ebene, sondern ist weitaus höher entwickelt und konsequenter. Verzeihen Sie übrigens, wenn ich manchmal ein bisschen langsam spreche, es fällt mir zunehmend schwer, mich nicht igiotisch auszudrücken.« Das hätte ich mir schon gedacht, erwiderte ich freundlich und bat ihn abermals, fortzufahren. Er zog mich noch weiter an das Ende des Balkens. »Meine jungen Kollegen dürfen das nicht hören, wie ich mit Ihnen rede, die sind igiotisch aufgewachsen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Aber zurück zum Thema. Ich frage Sie: Es ist doch so, dass Sie bestimmte Begriffe schmähender Natur in Ihrer Sprache nicht mehr verwenden, oder?« »Selbstverständlich,« antwortete ich, »alles rassistische etwa, oder grob Diffamierendes …« »Selbstverständlich!« rief Wpplr triumphierend aus, »Und Sie werden mir bestätigen, dass Sie solche Begriffe auch dann nicht verwenden, wenn sich gar kein Mitglied der mit dem Begriff geschmähten Bevölkerungsgruppe in Hörweite befindet.« Auch das verstehe sich von selbst, antwortete ich. »Also macht es auch keinen Unterschied, ob ein Betroffener hundert Meter oder hundert Lichtjahre entfernt lebt. Punkt eins! Punkt zwei: Ebenso vermeiden Sie doch derartige Begriffe in anderen Sprachen, sofern Ihnen deren Bedeutung bekannt ist?« Ich nickte bestätigend. »Na, sehen Sie! Und jetzt sage ich Ihnen eines: Das Universum ist weitaus dichter bevölkert als Sie glauben. Es gibt beinahe unendlich viele Lebensformen und beinahe unendlich viele Sprachen. Das hat bedauerlicherweise zur Folge, dass beinahe jedes Wort jeder Sprache in irgendeiner anderen Sprache einen Insult oder eine Anstößigkeit bedeutet, von Tabubrüchen ganz zu schweigen. Da es aber der heiligste Grundsatz der GACKE ist, dass …« »Der, bitte was!?« unterbrach ich ihn perplex. »Ach, pardon: Der GAlaktischen Charta der Konföderierten Empathischen, unsere Verfassung, wenn Sie so wollen. Artikel 1 der GACKE besagt jedenfalls: Keinem Wesen darf es zugemutet werden, dass es, auch nur unwissentlich genötigt wird, einen Begriff zu verwenden, mit dem es die Gefühle eines anderen Wesens verletzen könnte, unabhängig davon, ob das dadurch betroffene Wesen davon weiß oder nicht.« »Geht das nicht ein bisschen weit?« fragte ich. »Aber nein, woher denn, niemand kann alle Sprachen des Universums beherrschen. Aber der total Empathische weiß, dass seine althergebrachte Sprache unrein ist. Er weiß, dass er, sofern er dieses kontaminierte Relikt einer archaischen Zeit verwendet, permanent Abermilliarden anderer Wesen im Universum beleidigt; auch, wenn er nicht genau weiß, welche. Und das steht in eklatantem Widerspruch zu seinem totalen Mitgefühl. Die sich anbietende Lösung war, eine Sprache zu entwickeln, deren Begriffe in keiner anderen Sprache irgendeine, die Gefühle verletzende Konnotation enthalten, und diese Lösung, ist, wie Sie sich denken können, igiotisch!« Mir schwirrte der Kopf, aber eine konkrete Frage hatte ich zum Glück parat: »Eines verstehe ich nicht. Wie kam es eigentlich zu Ihrem Absturz in unseren Tümpel? Ich meine, das kann doch keine planmäßige Landung gewesen sein, oder etwa doch?« Der Professor stutzte und runzelte die Stirn: »Ein ärgerlicher Lapsus. Unsere Beobachtungsbarke ist Ihrer Atmosphäre etwas zu nahe gekommen. Das Handbuch für stationäre Umlaufbahnen ist zwar in bestem IGIOT gehalten, aber drückt sich zuweilen etwas vage aus.« »Vage? Wieso denn das?« »Das ist eine der Herausforderungen, der wir uns, in unserem Streben nach absoluter Igiotie noch zu stellen haben. Der Wortschatz von IGIOT ist nach wie vor kümmerlich, wir dümpeln seit Jahren bei etwas mehr als fünfhundert Wörtern herum, aber das liegt in der Natur der Sache und darf einen echten Igioten nicht irritieren. Wissen Sie beispielsweise, welche Bedeutung der irdische Begriff ›Ich‹ für die Bewohner von Omega IV hat? Es bezeichnet einen männlichen Omeganier, der seine vordere Saugglocke über die Afterprotrusion eines Weibchens stülpt, ohne dabei beruhigend zu glucksen! Auf Nebula Centauri ist ›Ich‹ ein herabwürdigender Ausdruck für Nebulose, deren sexuelle Orientierung es ihnen unmöglich macht, mit den, für einen Fortpflanzungsakt nötigen fünf Geschlechtern zu interagieren. Auf Silicon Prime war ›Ich‹ ein wahnsinniger Diktator, dessen Name bei Todesstrafe nicht ausgesprochen darf. Soll ich fortfahren?« Ich schüttelte den Kopf und rief aus: »Aber Professor, bei einer fast unendlichen Anzahl an Sprachen scheint mir Ihr Vorhaben geradezu unmöglich zu sein!« Wpplr lachte verächtlich auf: »Ja, solche Kleingeister wie Sie hatten wir vor rund dreihundert Jahren auch noch. Aber seit der großen Büchertilgung im Jahr 43516 läuft die Sache wie am Schnürchen! Ich traute meinen Ohren nicht: »Büchertilgung?« Wpplr starrte mich missbilligend an: »Ja, was denken Sie denn? Ein paar Opfer muß die total-empathische Gesellschaft schon bringen! Nichts gegen Sachbücher, aber diese ganzen Schöngeister und selbsternannten Literaten, mit denen war doch nicht zu reden! Schwatzten einen voll mit ›Freiheit der Kunst‹, ›Notwendigkeit der Präzisierung‹ und was ihnen sonst noch an Albernheiten einfallen mochte, und weigerten sich auf das Impertinenteste, igiotisch zu schreiben! Was hätten wir da sonst tun sollen, als sämtliche erzählende Literatur, sei sie nun Prosa oder Lyrik oder sonstwas, zu vernichten und deren weitere Produktion zu unterbinden? Der letzte Schriftsteller hat sich übrigens vor 128 Jahren selbst das Leben genommen. Er hatte auf Galactigram gepostet, wie sehr ihm das Schreiben fehle, na, mehr hat er nicht gebraucht. Über sieben Milliarden Galactigramer haben ihm auf das igiotischte zu verstehen gegeben, dass sie sein eigenartiges Verlangen als Bedrohung für die totale Empathie empfinden. Danach hat er sein Ferienhaus im Orbit von Entropia durch die Luftschleuse verlassen, ohne Raumanzug, versteht sich. Wenn Sie mich fragen, das war das Beste, was er tun konnte. Wir wussten ohnehin nicht, was wir mit ihm anfangen sollten.« »Das ist aber nicht gerade mitfühlend!« protestierte ich. »Sie haben es noch immer nicht verstanden!« Wpplr geriet allmählich in Saft: »Bei der totalen Empathie geht es nicht um die anderen, sondern um einen selbst. Der total-Empatische kann und will es weder akzeptieren noch tolerieren, dass er, auch nur unwissentlich, Wörter verwendet, hört oder liest, die irgendjemanden im Universum kränken könnten. Das verbietet ihm sein totales Mitgefühl. Jener Schriftsteller war nichts weiter als ein verstockter Ketzer. Hätte er sich zur totalen Empathie bekehren lassen, wäre es ihm doch gar nicht mehr in den Sinn gekommen, sich seiner eigenen, von der Natur so unzulänglich konstruierten Sprache zu bedienen.« »Wieviele Wörter,« fragte ich beiläufig, »hatte seine unzulängliche Sprache denn?« »Äh, alles in allem ungefähr 500.000, wenn ich mich recht erinnere, warum?« »Nur so. Wissen Sie was? Gehen wir zur Entspannung noch eine Runde schwimmen und gesellen wir uns danach zu ihrer Mannschaft. Was halten Sie davon?« Wpplr stimmte zu und während wir unser Ründchen um den Balken drehten, informierte ich ihn über die Bedeutung des Begriffs ›Arschloch‹ in unserer Sprache. Er reagierte ziemlich eingeschnappt; eigentlich, so raunzte er, hätte er sich von dieser Expedition Fortschritte erwartet und keine Rückschlage. Ich ließ ihn schmollen und dachte über das Erlebte nach. Möglich wäre es immerhin, dass es ihm Universum tatsächlich so zugeht, wie mir das von Wpplr dargelegt wurde. In diesem Fall wäre es wohl angebracht, Wpplr und Konsorten schleunigst ins Jenseits zu befördern und ihre sterblichen Überreste im Wald zu verscharren. Besser allein als in igiotischer Gesellschaft. Abwarten, andererseits könnten meine Besucher auch Mitglieder einer radikalen, galaktischen Sekte sein; sieben Milliarden Galactigramer sind in einem beinahe unendlichen Universum eigentlich herzlich wenig. Drittens, und das war meine Hoffnung, könnten sie ebensogut entsprungene Irre aus irgendeinem Asyl für Lebensformen mit schweren Wahnvorstellungen sein. Dann müsste demnächst ein Sanitätsschiff auftauchen, das die ganze Bande in ihre Gummizellen zurückbefördert.
Auf den Balken zurückgekehrt, fanden wir seine Assistenten bei allerlei Arbeiten vor, die sie jedoch auf ein Wort des Professors sogleich unterbrachen. Als wir alle beieinander hockten, erhob ich das Wort: »Eines wollte ich sie schon die ganze Zeit fragen: Kennt man im Universum die berühmte Formel des genialen irdischen Physikers Albert Einstein, die da lautet: e = mc2? Meine Gäste zuckten sämtlich zusammen, als ob ich sie geschlagen hätte. Betroffene, eisige Mienen starrten mich an. Bltzgnßr sprang wie von der Tarantel gestochen auf, fauchte »Spezialist!« und hüpfte in den Tümpel. Wpplr forderte mich mit einer Kopfbewegung zum Mitkommen auf und wir begaben uns wieder einmal an das andere Ende des Balkens. »Was meine Kollegin da von sich gegeben hat, bedeutet in Ihrer Sprache – ich bitte im voraus um Verzeihung – soviel wie ›Primitivling‹. Den Begriff verwenden wir natürlich schon lange nicht mehr. Ein paar Jahrzehnte lang konnte sich die Formulierung ›Lebensform, die auf nicht-komplexe Sachverhalte fokussiert ist‹ behaupten, aber es leuchtet ein, dass auch dies bald als diskriminierend empfunden wurde. Heute reden wir von einem ›speziell fokussierten Lebensform‹, oder eben, im allgemeinen Sprachgebrauch, von einem ›Spezialisten‹. Was die von Ihnen genannte Formel betrifft: Ja, sie ist bekannt, aber wir ignorieren sie, so gut wir können. Wenn es denn sein muß, nennen wir sie die e-Formel«. »Ja, warum denn das?« fragte ich staunend. »Na, hören Sie mal! Sie können doch ein so majestätisches und facettenreiches Phänomen wie Energie nicht auf zwei Buchstaben und eine Zahl reduzieren! Wo kommen wir da hin? Darüber hinaus verwendet diese unsägliche Formel den Begriff der ›Masse‹, betreibt also implizit ›fat-shaming‹, eine Unsitte, die sogar bei Ihnen verpönt ist, soweit ich weiß!« »Ja!«, rief ich grimmig aus, »wir haben offensichtlich noch viel zu lernen, bevor wir Igioten werden!« »Das denke ich auch,« konzedierte mir Wpplr in väterlichem Ton, »aber nicht den Mut verlieren! Oh, schauen Sie mal, unser Raumschiff blinkt, die Reparaturen sind abgeschlossen! Tut mir leid, mein Freund, aber ich muß mich verabschieden. Wir müssen schleunigst zurück in den Orbit und uns zum nächsten Planeten aufmachen. Auf Wiedersehen!« Schon eilte er davon, da rief ich ihm nach: »Herr Professor, auf ein Wort!« Er drehte sich erwartungsvoll um, da winkte ich ihm lachend zu und rief: »Ganz ehrlich, Sie sind wirklich ein Arschloch!«


[1] Suhrkamp Verlag. Phantastische Bibliothek. Band 20. 1978. Seite 42.

[2] Längenmaß. 1 Hüpfer ist exakt 1, 472 Meter lang.

[3] Von »rana«, lateinisch für Frosch. »Frosch-ähnliche«.